A. Lange & Söhne gehört heute zu den wichtigsten und bekanntesten Uhrenmarken im Luxusbereich überhaupt. Das Unternehmen mit Sitz im sächsischen Glashütte produziert einige der kompliziertesten Armbanduhren, die bis heute hergestellt werden. Legendär ist etwa die „Grande Complication“ Taschenuhr mit der Seriennummer 42.500 aus dem Jahr 1902. Diese Taschenuhr mit massivem Goldgehäuse ist die komplizierteste Uhr, die A. Lange & Söhne jemals verkauft hat. Neben der Anzeige der Uhrzeit stehen ein ewiger Kalender, eine Minutenrepetition, ein Schleppzeiger-Chronograph mit Fünftel-Sekunden-Anzeige, Mondphase und viele weitere Komplikationen zur Verfügung. Die ursprünglich an einen Wiener Unternehmer verkaufte Taschenuhr kostete damals 5.600 Goldmark, was heute etwa 45.000 Euro entspricht. Die Anzahl an Fachleuten, die diese Uhr restaurieren könnten, wird auf weltweit weniger als 20 geschätzt.
Die Geschichte von A. Lange & Söhne geht auf den am 18. Februar 1815 in Dresden geborenen Uhrmacher Ferdinand Adolph Lange zurück. Dieser hatte zuvor die Tochter seines ehemaligen Mentors, des sächsischen Hofuhrmachers Johann Christian Friedrich Gutkaes senior, geheiratet. Johann Gutkaes senior gilt noch heute als Ikone der Uhrmacherei, der entscheidend dazu beigetragen haben dürfte, im Deutschen Reich eine Uhrenindustrie zu etablieren, die es mit der Schweizer Uhrenindustrie aufnehmen konnte. Nach seiner Lehre bei Gutkaes in Dresden zog Lange im Jahr 1836 nach Paris, wo er vier Jahre lang in der Werkstatt von Joseph Thaddäus Winnerl arbeitete. Auch dieser Uhrmacher, der eigentlich aus Österreich stammte, gilt noch heute als absolute Koryphäe der Ingenieurskunst. Winnerl hatte zuvor bei verschiedenen Manufakturen in Österreich, Deutschland und Dänemark gewirkt, seine großartigsten Stücke fertigte er jedoch unter der Ägide von Breguet in Paris, wo er bis zu seinem Tod am 27. Januar 1886 arbeitete. Auf Winnerl gehen unter anderem das Chronoskop (ein Vorläufer der modernen Stoppuhr), sowie der Schleppzeiger-Chronograph und viele weitere technische Errungenschaften der Uhrmacherei zurück.
Ferdinand Adolph Lange gründete vier Jahre nach seiner Rückkehr aus Frankreich – obwohl Winnerl ihm eine Arbeitsstelle auf Lebenszeit angeboten hatte – am 7. Dezember 1845 die Manufaktur „A. Lange & Cie“ in Glashütte bei Dresden. Das „Cie“ im Namen ist französisch und bedeutet „Sohn“. Diese Schreibweise war früher durchaus üblich, ist heute allerdings nur noch in Frankreich und in der französischsprachigen Schweiz zu finden. Das königlich-sächsische Innenministerium gewährte Lange einen Kredit in Höhe von 7.800 Taler für die Unternehmensgründung, damit dieser bis zu 15 Lehrlinge ausbilden konnte. Glashütte war zu diesem Zeitpunkt eine äußerst strukturschwache Region, weshalb staatliche Maßnahmen zur Ansiedelung nachhaltig erfolgreicher Unternehmen nötig waren. Rund 23 Jahre nach der Gründung, im Jahr 1868, traten die beiden Söhne von Ferdinand Adolph Lange in das Unternehmen ein, was eine Namensänderung nötig machte – von nun an hieß das Unternehmen bereits „A. Lange & Söhne“. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatte das Unternehmen um das Jahr 1875, also nur 30 Jahre nach der Gründung, bereits über 70 Mitarbeiter und florierte. Im selben Jahr verstarb zudem der Firmengründer Ferdinand Adolph Lange, woraufhin dessen Sohn Rudolf Lange die Führung des Unternehmens übernahm.
Zunächst fokussierte man sich, wie damals nicht anders üblich, auf die Produktion von Taschenuhren. An Armbanduhren war vor Ende des 19. Jahrhunderts noch gar nicht zu denken. Bereits in den frühen 1900er Jahren experimentierte die Manufaktur zwar mit Armbanduhren, zu nennenswerten Produktionszahlen kam es jedoch nie. Erst um das Jahr 1930 gewannen Armbanduhren bei A. Lange & Söhne an Bedeutung.
Im 2. Weltkrieg kam die Produktion von Uhren für den zivilen Markt vorübergehend zum Erliegen. Wie auch viele andere deutsche Uhrenhersteller wurde A. Lange & Söhne als kriegswichtig eingestuft. Während das in Schramberg ansässige Unternehmen Junghans instruiert wurde, Zeitzünder für Bomben und Torpedos zu produzieren, schätzte man bei der deutschen Luftwaffe die Präzision und Robustheit der Uhren aus dem Hause A. Lange & Söhne. In der Folge wurde die sächsische Manufaktur neben den Herstellern Wempe, Stowa, Laco und IWC Schaffhausen dazu berufen, Pilotenuhren für die Luftwaffe herzustellen. Diese übergroßen Taschenuhren mit Größen von bis zu 60 mm wurden nachträglich mit angelöteten Bandanstößen ausgestattet und dann an einem Lederband über den Jacken der Piloten getragen. Diese bekamen die Uhren jedoch nicht direkt selbst, sondern für jeden Bomber-Einsatz wurden die Uhren für die Piloten separat ausgeteilt. Über den Sekundenstopp wurde die Uhr angehalten und anschließend die Zeit auf Punkt 12 Uhr gestellt. Unmittelbar nach dem Start des Geschwaders musste der Pilot die Krone drücken, um die Uhr anlaufen zu lassen. Anhand der verstrichenen Zeit konnten die Piloten dann trotz Dunkelheit berechnen, wo sie sich befanden und wie lange sie noch fliegen mussten, um zum Ziel zu gelangen.
Nach dem 2. Weltkrieg ging es für A. Lange & Söhne nicht sehr viel besser weiter. Auf die Verstaatlichung der in Glashütte ansässigen Uhrenmanufakturen durch die sowjetische Besatzungsmacht folgte am 1. Juli 1951 die Zusammenfassung in den volkseigenen Betrieb „VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB)“. Die dort hergestellten Uhren unter verschiedenen Markennamen (am häufigsten jedoch „GUB Glashütte“ oder einfach nur „Glashütte“) wurden in großer Stückzahl auch in die Bundesrepublik nach Westdeutschland exportiert, um ausländische Devisen in die DDR zu bekommen. Die Qualität der GUB Uhren war durchaus ansehnlich und insbesondere die Uhren mit „Spezimatic“ Automatikwerk, entweder Kaliber GUB 74 oder Kaliber GUB 75, erfreuten sich großer Beliebtheit. Alleine von 1964 bis 1980 wurden rund 3,7 Millionen Stück der Spezimatic-Uhren produziert.
Die beiden Söhne von Rudolf Lange, Ferdinand Adolph Lange II. und Walter Lange, flohen nach Westdeutschland. Ferdinand Adolph Lange II. gründete in der Nähe von Pforzheim die Uhrenfabrik „A. Lange Pforzheim“, in der sein jüngerer Bruder Walter eine Zeit lang als Leiter der Werkstatt arbeitete. Nach kurzer Zeit wechselte dieser jedoch in die Schmuckindustrie.
Im Jahr 1990 wurde schließlich von Walter Lange am 7. Dezember, exakt am 145-jährigen Gründungsjubiläum der Marke, die Lange Uhren GmbH gegründet. Lange erwarb die Markenrechte für die Bezeichnung „A. Lange & Söhne“ von der Treuhandanstalt, die nach der Wiedervereinigung die Re-Privatisierung von ehemaligen DDR-Staatsunternehmen verwaltete. Die übrigen Bestandteile der GUB gingen im Jahr 1993 schließlich in der Glashütter Uhrenbetrieb GmbH, den Rechtsträger der Marke Glashütte Original, auf.
Die Neuetablierung der Lange Uhren GmbH gelang insbesondere auf Grund der Hilfe eines anderen Uhrenunternehmens: IWC Schaffhausen. Deren damaliger Vorstand Günter Blümlein, der vor seinem Einstieg bei IWC Schaffhausen im Jahr 1980 beim Schramberger Uhrenhersteller Junghans gearbeitet hatte, unterstützte Walter Lange bei der Unternehmensgründung. IWC Schaffhausen und der größte Teil von Jaeger LeCoultre befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz von VDO Automotive, wo die drei Marken IWC, Jaeger LeCoultre und A. Lange & Söhne schließlich unter dem Mantelnamen „Les Manufactures Horlogères“ verwaltet wurden. VDO Automotive wiederum war eine Tochtergesellschaft der deutschen Mannesmann AG. Im Jahr 2000 wurde Les Manufactures Horlogères, und damit auch die drei dort befindlichen Uhrenmarken inklusive A. Lange & Söhne, im Zuge der Übernahmeschlacht zwischen der britischen Vodafone Group und der Mannesmann AG an den Schweizer Luxuskonzern Richemont verkauft, in dessen Besitz sich die drei Marken auch noch heute befinden.
Sämtliche Produkte von A. Lange & Söhne werden im Rahmen des eigens entwickelten Fertigungsprozesses unter dem Überbegriff „Zweifachmontage“ hergestellt. Das bedeutet, dass jedes Uhrwerk zunächst aus hunderten von Einzelteilen zusammengebaut und wieder auseinander gebaut wird. Erst dann folgen die Veredelungsschritte für das Uhrwerk, auch für nicht sichtbare Bauteile. Im Anschluss daran wird das Uhrwerk ein zweites mal zusammengesetzt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass selbst komplett unsichtbare Bauteile bis zur Perfektion veredelt sind und das Uhrwerk ohne Einschränkungen seinen Dienst leisten kann.
Zahlreiche Uhren von A. Lange & Söhne sind nahezu unerreicht in ihrer Komplexität und der Bedeutung für die moderne Uhrmacherkunst. Insbesondere das Modell „Tourbograph Perpetual Pour le Mérite“, die komplexeste mechanische Armbanduhr aus Deutschland, ragt mit Komplikationen wie etwa einem Schleppzeiger-Chronographen, einem ewigen Kalender und einem Tourbillon aus der deutschen Uhrenlandschaft heraus. Die 1.319 Einzelteile des Zeitmessers werden, wie für den Hersteller typisch, von Hand zusammengesetzt. Auch das Kaliber L034.1 im Modell „Lange 31“ sticht hervor: Mit Hilfe eines Nachspannwerks und eines Schlüsselaufzugs wird eine Gangautonomie von stolzen 31 Tagen erzielt.
Während beinahe über die gesamte Geschichte des Unternehmens hinweg ausschließlich klassische, elegante und stilvolle Uhren (sogenannte „Dress Watches“) produziert wurden, wagte man sich im Jahr 2019 an ein gänzlich neues Konzept. Mit dem Modell „Odysseus“ stellte A. Lange & Söhne die erste Sportuhr der Marke vor. Als erste Armbanduhr aus Edelstahl aus dem Hause A. Lange & Söhne brachte diese Uhr mit ihrem Kaliber L155.1 zum ersten mal eine Unruhfrequenz von 4 Hz (was 28.800 Halbschwingungen pro Stunde entspricht), sowie einen Zentralrotor für den automatischen Aufzug und eine Unruhbrücke mit sich.
Heute gilt A. Lange & Söhne als einer der renommiertesten und angesehensten Uhrenhersteller der Welt. Hinsichtlich der Qualität und Komplexität der Zeitmesser rangiert die Marke auf einer Ebene mit Patek Philippe, Vacheron Constantin, Audemars Piguet oder Breguet. In den von der Wirtschaftswoche in einem zweijährigen Rhythmus erstellten Rankings der wichtigsten deutschen Luxusmarken erreicht A. Lange & Söhne regelmäßig den ersten Platz – weit vor Marken wie Maybach, Montblanc oder Porsche.